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Publikationen

Knut Elstermann: Gerdas Schweigen.

Knut Elstermann: Gerdas Schweigen.

Die Geschichte einer Überlebenden. In der Bücherkiste für den Monat November!

In diesem Buch geht es in aller Härte um eine Frau, eine Überlebende der nationalsozialistischen Verfolgung, die exemplarisch dafür steht, wie im Konzentrationslager Auschwitz Frauen, die schwanger waren, die Kinder geboren haben, unter den besonders perfieden Methoden des Terrors leiden mussten.
Und - wenn sie überlebt haben, es waren nicht sehr viele, die überhaupt das Ende des Regimes erlebt haben - wie sie weiterlitten bzw. -leiden, ein Familienleben lang.

Knut Elstermann erzählt, wie man ihn (aus dem Radio bzw. Fernsehen) kennt, ruhig und fliessend diese Familiengeschichte, als würde man mit ihm am Familientisch sitzen:

"Kinder waren in unserer Familie das große Thema, ihr Gedeihen und Wachsen, ihre Fortschritte und möglichen Fehlentwicklungen. Meine Großmutter verabscheute Tiere, ob Katzen, Hunde, Hamster oder Zierfische, sie hatte nicht das geringste Interesse an solchen Hausgenossen. "Wenn ihr euch welche anschafft, könnt ihr selbst sehen, wo ihr sie im Urlaub lasst. Kinder könnt ihr mir immer bringen." So war es: Ich habe nie erlebt, dass sie ungeduldig mit ihren Enkeln war, auch wenn viele in ihre Wohnung kamen. Die kleineren spielten mit Knöpfen oder leeren Garnrol1en. die größeren hörten ihr zu. Sie konnte ein Gespräch stundenlang in Gang halten, als geborene Moderatorin beherrschte sie elegante Themenwechsel, konnte geschickt Spannungsbögen aufbauen und halten. Mit ungeheurer Konzentration stellte sie sich auf ihren Gesprächspartner ein, weckte bei ihm Interesse, indem sie selbst Anteilnahme an seinem Schicksal zeigte und behielt so stets die Kontrolle. Nur ein einziges Mal habe ich erlebt, dass sie dabei die Beherrschung verlor und in Tränen ausbrach. Es kam völlig unvermittelt und war umso erschütternder. Wir hatten über Gerda gesprochen, keine neuen Geschichten waren erzählt worden, mehr ein Nachdenken, ein Wiederholen des Bekannten, eines jener Gespräche, bei denen sich die Eingeweihten ihr Wissen bestätigen. Großmutter erinnerte sich daran, wie rücksichtslos man damals die jüdischen Familien auseinander gerissen habe, Eltern und Kinder sahen sich nie wieder. Plötzlich weinte sie. Ich habe das nie vergessen. Nazi-Zeit - das waren die Schwarzweiß-Bilder im Fernsehen, die Dokumentationen, die wir in der Schule sahen, manchmal die Erzählungen der Erinnerungsprofis, die zu uns kamen und vom heldenhaften Widerstandskampf berichteten, mit Worten, die schon so oft benutzt worden waren, dass sie kein Leben mehr hatten, lehrbuchhaft vorgetragen mit eisernen Schlussfolgerungen, die nicht in Frage zu stellen waren. Aber hier saß meine Großmutter vor mir und vergoss Tränen über ein Leid, das mir bis dahin unendlich weit weg erschien und vielleicht wurde mir in diesem Moment klar, dass die Vergangenheit eben nicht abstrakt und abgelegt sein würde, solange jemand darüber weint."

Empfehlenswert!

Knut Elstermann: Gerdas Schweigen
Die Geschichte einer Überlebenden

(2., erw. Aufl.)
ISBN 978-3-89809-072-8

(Das Buch ist 2007 dokumentarisch verfilmt worden und wurde ebenfalls sehr gut besprochen.)


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Eine Ungleichbehandlung von Kindern und Jugendlichen aufgrund ihrer Herkunft ist nicht mit dem Grundgesetz vereinbar und bricht mit der UN-Kinderrechtskonvention.

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