27.10.2021
Für eine sozialistische Kinder- und Jugendpolitik - unsere Forderungen an die Koalitionsverhandlungen
Heute beginnen die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, Grünen und FDP.
Im Sondierungspapier haben die drei Parteien bereits ihre Ziele für die Kinder- und Jugendpolitik angekündigt: Kinder- und Jugendarmut sollen bekämpft und Kinderrechte im Grundgesetz verankert werden. Wir als Sozialistische Jugend Deutschlands - Die Falken begrüßen, dass diese Themen auf der Agenda stehen.
Nun müssen den Worten Taten folgen: Wir fordern eine Politik, die die Interessen von Arbeiter*innenkindern und -jugendlichen ernsthaft vertritt. Wir fordern die verhandelnden Parteien daher auf, unsere wichtigsten kinder- und jugendpolitischen Forderungen in ihre Koalitionsverhandlungen einzubeziehen.
Kinder- und Jugendarmut bekämpfen
Mehr als ein Fünftel der Kinder und Jugendlichen in der Bundesrepublik wachsen in Armut auf und werden wahrscheinlich arm bleiben - denn nach wie vor sind Einkommen und Bildung der Eltern entscheidend für die eigenen Berufsperspektiven. Der 6. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung zeigt auf, dass sich Armut immer weiter verfestigt und die Aufstiegschancen für Personen, die ohnehin schon strukturell benachteiligt sind, immer weiter sinken. Gerade an der Schwelle zwischen Schule, Ausbildung und Beruf ist die Situation für viele Jugendliche und junge Erwachsene besonders prekär.Unsere Forderungen sind deshalb:
- Ein einfaches und transparentes System der Kindergrundsicherung und eine Abkehr vom unmenschlichen Hartz-IV-System!
- Eine Mindestausbildungsvergütung von 80 Prozent der durchschnittlichen tariflichen Ausbildungsvergütung aller tarifierten Branchen!
- Die Einführung einer umlagefinanzierten Ausbildungsgarantie!
- Die Abschaffung der Ausnahmen vom Mindestlohn und die Erhöhung des Mindestlohns auf 13 Euro!
- Eine Verpflichtung für Arbeitgeber*innen, die Übernahme von Auszubildenden zu garantieren!
BAföG-Sätze erhöhen
Das BAföG soll das Recht auf Bildung unabhängig von der sozialen Herkunft gewährleisten. Mittlerweile beziehen allerdings nur noch gute zehn Prozent der grundsätzlich Anspruchsberechtigten BAföG. Aufgrund der niedrigen Elterneinkommensfreibeträge werden nur noch Menschen gefördert, deren Eltern an der Armutsgrenze leben. Doch das BAföG muss insbesondere auch Menschen aus der unteren Mittelschicht erreichen, um Bildungschancengleichheit zu garantieren. Noch immer liegt der BAföG-Satz unter ALG II-Niveau. Dies ist nicht akzeptabel.
Wir fordern deshalb:
- BAföG als rückzahlungsfreier Vollzuschuss, auch für Schüler*innen, die noch bei ihren Eltern leben!
- Eine Erhöhung der Elterneinkommensfreibeträge!
- Ein BAföG, das zum Leben reicht (§§12,13): Fundierte Ermittlung eines auskömmlichen BAföG-Satzes abhängig von regionalen Lebenshaltungskosten und automatische regelmäßige Anpassung des Satzes!
- Genug Geld für die Miete (§§ 13 Abs. 2, 14 Abs. 2): Erhöhung des Mietzuschlags auf 300 Euro und Anpassung in Städten mit überdurchschnittlich hohen Mieten!
- Ehrenamt darf kein Luxus sein (§15 Abs. 3): Anrechnung des ehrenamtlichen Engagements auch außerhalb der studentischen Selbstverwaltungsgremien auf die Förderungshöchstdauer!
Jugendpolitik als Querschnitt verankern
Im 16. Kinder- und Jugendbericht des BMFSFJ begrüßt die Bundesregierung das Verständnis von Kinder- und Jugendpolitik als Querschnittsaufgabe. Vorhaben und Entscheidungen in allen Politikfeldern können spezifische Auswirkungen auf junge Menschen haben, deshalb bedürfe es ressortübergreifender Aufmerksamkeit und Sensibilität für die eigenständige und prägende Lebensphase Jugend (16. KJB, S. 9). Diese Aufmerksamkeit und Sensibilität ist nur mit einem wirksamen Instrument möglich: Wir setzen uns daher für die Einführung des verbindlichen Jugend-Checks für alle Gesetzesvorhaben ein. Dieser wurde in einem beteiligungsorientierten Prozess mit jugendlichen Interessenvertretungen erarbeitet und wird bereits durch das Kompetenzzentrum Jugend-Check angewendet.
Wir fordern:
- Die gesetzliche Verankerung eines verbindlichen Jugend-Checks, der die möglichen Auswirkungen von geplanten Gesetzen auf die Lebenslagen junger Menschen systematisch und detailliert erfasst!
- die ressortübergreifende Anwendung des Jugend-Checks!
Kinderrechte im Grundgesetz verankern
Die Große Koalition hat in der letzten Legislaturperiode angekündigt, Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Diese Koalitionsvereinbarung wurde nicht umgesetzt, Kinder tauchen im Grundgesetz nach wie vor ausschließlich als Objekte elterlicher Pflege und Fürsorge auf. Wir begrüßen das Bekenntnis zu starken Kinderrechten im Sondierungspapier. Wir wollen eine Gesellschaft, in der Kinder als vollwertige Menschen mit eigenen Rechten die Möglichkeit haben, sich zu selbstbewussten und mündigen Personen zu entwickeln.
Folgende Rechte müssen deshalb unbedingt im Grundgesetz verankert werden:
- Die Anerkennung von Kindern und Jugendlichen als vollwertige Rechtssubjekte und eigenständige Persönlichkeiten!
- Das Recht auf bestmögliche Entwicklung und Entfaltung - nicht in Abhängigkeit vom Umfeld, sondern als Individuum (Art.6, Abs. 2 der UN-Kinderrechtskonvention)!
- Das Recht auf Bildung!
- Das Recht auf kindgerechte Lebensbedingungen!
Demokratieförderung geht nur mit Zivilgesellschaft
Ein mögliches Demokratiefördergesetz zur Unterstützung einer breiten und bunten Zivilgesellschaft steht im Sondierungspapier der möglichen Ampel-Regierung. Dabei soll es darum gehen, dass langfristige Strukturen geschaffen werden, um gegen Antisemitismus, Rassismus und jegliche andere Form von Menschenfeindlichkeit vorzugehen. Die explizite Förderung von Projekten und Initiativen gegen Linksextremismus halten wir für eine Verharmlosung rechter und islamistischer Gewalt und deshalb sollte in den Koalitionsverhandlungen davon Abstand genommen werden.
Ein Demokratiefördergesetz muss eine nachhaltige strukturelle Regelförderung von zivilgesellschaftlichen Trägern und keine reine Fortführung von Demokratie leben! bedeuten. Bei einem solchen Gesetz muss es um eine Pflicht zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit staatlicher Strukturen und Zivilgesellschaft unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips und der Pluralität von Trägern, Werten und Angeboten gehen. Es braucht nun wirklich keine erneute "Extremismusklausel". Ein Demokratiefördergesetz bedeutet für uns als Jugendverband eine weitreichende Umgestaltung der Förderpolitik.
Wir fordern deshalb:
- Die Miteinbeziehung der Zivilgesellschaft bei der Entwicklung des Gesetzes!
Gute Bedingungen für Jugendverbandsarbeit schaffen
Kinder- und Jugendverbände schaffen Freiräume für Kinder und Jugendliche und sind wichtige Werkstätten der Demokratie. Doch viele Jugendverbände haben Schwierigkeiten, ihre Arbeit zu finanzieren und Begegnungsorte für Kinder und Jugendliche zu schaffen. Die Coronapandemie hat offengelegt, dass selbstbestimmte Räume für Kinder- und Jugendarbeit, wie (selbstverwaltete) Jugendhäuser und Zeltplätze sowie Orte der Familienerholung, chronisch unterfinanziert sind.
Wir fordern deshalb:
- Die Verstetigung des Sonderprogramms "Kinder- und Jugendbildung, Kinder- und Jugendarbeit"!
- Die Dynamisierung des Kinder- und Jugendplans und die bedarfsgerechte Förderung von Jugendverbandsarbeit!
27.10.2021: Heute beginnen die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, Grünen und FDP. Wir fordern die verhandelnden Parteien auf, unsere wichtigsten kinder- und jugendpolitischen Forderungen in ihre Koalitionsverhandlungen einzubeziehen.